Freitag, 4. Januar 2008

Demenz:
«Die Person sickert Tropfen für Tropfen
aus der Person heraus.»

«Und ich habe auch gelernt, dass man für das Leben eines von Demenz betroffenen Menschen neue Massstäbe braucht. Wenn mein Vater sich bedanken möchte, soll er sich bedanken, auch ohne nachvollziebaren Anlass; und wenn er sich darüber beklagen will, dass ihn alle Welt im Stich lässt, soll er sich beklagen, egal, ob dieser Eindruck in der Welt der Fakten standhalten kann oder nicht. Für Ihn als Betroffenen gibt es keine Welt ausserhalb der Demenz. Und als Angehöriger kann man nur versuchen, die dort herrschende Verstörung emotional aufzufangen, die Bitterkeit des Ganzen ein wenig zu lindern, indem man die durcheinandergeratene Wirklichkeit des Kranken gelten lässt. Da mein Vater nicht mehr über die Brücke in meine Welt gelangen kann. muss ich zu ihm. Dort drügen, jenseits unserer auf Sachlichkeit ausgelegten Gesellschaft ist er ein beachtlicher Mensch, und wenn auch nach allgemeinen Massstäben nicht immer ganz vernünftig, so doch irgendwie brilliant.»
Arno Geiger, Der alte König in seinem Exil, NZZ am Sonntag, 25.11.2007

«Das Leben ist ohne Probleme auch nicht leichter.» - Ein Satz von Arno Geigers Vater.

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