Mittwoch, 9. April 2014

Unterwegs zum Tod

«Der Tod selbst ist sanft, sanft strahlend, unermesslich dunkel. Das Ich verdichtet sich im Prozess der Verwandlung, es scheint, als ginge Licht von ihm aus und als begegne es mit – nicht ganz ausreichender – Furchtlosigkeit jenem Ungeheuerlichen, dem Ende der Individualität, der Absorbierung in den Tanz der Partikel, der Unhörbarkeit. Als Lebender ist man einer Verwandlung nach der anderen unterworfen – oft sind es Kakerlakenzustände mit eingesprenkelten Momenten der Passivität, mit realen Todesahnungen –, doch jene Verwandlungen vollziehen sich kontinuierlich und sind miteinander verkettet. Diese eine Verwandlung aber führt zu Stillstand, filtert die Identität mit ihren Geschichten heraus, bricht das Ich weg oder zieht es ab, lässt es rein in Wirkung und Erinnerung übergehen, weit ausgebreitet, nicht prall komprimiert, sondern unter Mikrobewegungen verstreut und gleichsam vehementer verweht als im Leben. So jedenfalls stelle ich es mir, unterwegs dorthin, vor.»
Harold Brodky, Die Geschichte meines Todes, S. 36
Harold Brodky bei Wikipedia
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Kurzrezension textspot.ameyer.ch

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